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Mehrwertsteuer bei Immobilien, grenzüberschreitendem Handel und Unternehmensverkäufen: Wichtige Einblicke für Steuerexperten
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Mehrwertsteuer bei Immobilien, grenzüberschreitendem Handel und Unternehmensverkäufen: Wichtige Einblicke für Steuerexperten
12.2015
++ Im Folgenden wird eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten tax news veröffentlicht, die in den letzten 12 Monaten auf dieser Website erschienen sind, wobei einige der bedeutendsten Schlussfolgerungen hervorgehoben werden ++
Die Mehrwertsteuer bleibt eine der größten Herausforderungen für Unternehmen, besonders in grenzüberschreitenden Szenarien. Die jüngste Rechtsprechung zeigt, dass die Wahl der richtigen steuerlichen Strategie erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Belastung und die Möglichkeiten des Vorsteuerabzugs hat. Ein besonders relevantes Thema ist die Vermietung von Immobilien: Die Frage, ob diese mit oder ohne MwSt. vermietet werden soll, entscheidet über die Abzugsfähigkeit von Renovierungskosten und die steuerliche Belastung der Eigentümer. Bei Vermietung an Unternehmen, bei denen Mitarbeiter die Wohnungen nutzen, empfiehlt die Praxis die Ausstellung von Rechnungen mit MwSt., um den Vorsteuerabzug zu sichern. Allerdings entfällt dabei die Reduktion der Einkünfte aus Wohnraummiete nach Art. 23.2 IRPF. In Fällen, in denen eine Immobilie mehreren Eigentümern gehört, muss die Rechnung über die NIF der Gemeinschaft ausgestellt werden, um Konflikte mit der Finanzverwaltung zu vermeiden. Eine fehlerhafte Ausstellung kann sonst zu erheblichen Sanktionen führen.
Auch die formale Einhaltung der Rechnungsstellung ist entscheidend. Umsatzsteuer entsteht mit der Leistungserbringung, und bereits erhaltene Vorauszahlungen müssen auf der Rechnung ausgewiesen werden. Die spanische Finanzverwaltung betont, dass die verspätete Ausstellung – etwa am Jahresende für Leistungen, die Monate zuvor erbracht wurden – Bußgelder bis zu 50 % des nicht erklärten Betrags nach sich ziehen kann. Besonders komplex sind saisonale Kampagnen, die über Jahresgrenzen laufen. Die DGT klärte in ihrer Verfügung vom 9. Juni 2005, dass der steuerliche Entstehungszeitpunkt nicht die Preisfälligkeit, sondern die tatsächliche Leistungserbringung ist, z. B. beim Handling, Versand und Logistik in einer Weihnachtskampagne.
Einschränkungen beim Vorsteuerabzug sind ein weiterer Praxisbereich, in dem Unternehmen wachsam sein müssen. Verwaltungspraktiken neigen dazu, Vorsteuer bei gemischten oder schwer zuordenbaren Aufwendungen einzuschränken, oft zur Betrugsprävention. Die Rechtsprechung, insbesondere die Entscheidung der Audiencia Nacional vom 23. Dezember 2013 unter Bezugnahme auf EuGH-Urteil C‑177/99, betont jedoch, dass solche Einschränkungen verhältnismäßig und im Einzelfall geprüft werden müssen. Unternehmen können Aufwendungen für Unterkunft, Gastronomie oder Veranstaltungen abziehen, sofern sie die wirtschaftliche Notwendigkeit dokumentieren. Die Praxis zeigt: Wer hier sorgfältig dokumentiert, kann steuerliche Vorteile sichern und die Neutralität der MwSt. wahren.
Die steuerliche Behandlung grenzüberschreitender Dienstleistungen ist ebenfalls von zentraler Bedeutung. Der EuGH entschied in der C‑139/12 vom 20. März 2014, dass die Nutzung eines ausländischen Lagers nur dann mit einem Immobilienobjekt verbunden ist, wenn eine direkte Verfügbarkeit wie bei einer Vermietung vorliegt; ansonsten sind Rechnungen ohne MwSt. auszustellen. Diese Entscheidung hat unmittelbare Auswirkungen auf Unternehmen, die Lagerhaltung oder Logistik über Ländergrenzen hinweg betreiben. Fehlerhafte Besteuerung kann hohe Nachzahlungen und Strafen zur Folge haben, während eine korrekte Registrierung ausländischer Niederlassungen steuerliche Vorteile eröffnet.
Innergemeinschaftliche Lieferungen zwischen Spanien und Deutschland zeigen die praktische Komplexität auf. Bei einem Kauf von Waren in Spanien durch ein deutsches Unternehmen ist in der Regel spanische MwSt. auszuweisen, während bei Weiterverkäufen innerhalb der EU das Reverse-Charge-Verfahren Anwendung findet. Die Verfügungen der spanischen Finanzverwaltung vom 15. Februar und 7. März 2011 bestätigen, dass innergemeinschaftliche Lieferungen nur vorliegen, wenn Waren physisch transportiert werden. Die bloße Lagerung innerhalb eines Mitgliedstaates begründet keine Steuerpflicht. Unternehmen müssen diese Regeln genau beachten, um Doppelbesteuerung oder Strafen zu vermeiden.
Verkäufe von Unternehmen oder Unternehmensanteilen werfen ebenfalls komplexe Fragen auf. Die Rechtsprechung zeigt, dass der Verkauf wesentlicher Vermögenswerte, die eine einheitliche Geschäftseinheit bilden, nicht der MwSt. unterliegt, selbst wenn nur ein Teil der Vermögenswerte übertragen wird. Gestufte Verkäufe sind möglich, erfordern aber eine sorgfältige steuerliche Qualifikation, um Sanktionen zu vermeiden. Die Zita Modes-Entscheidung (C‑497/01) des EuGH versuchte, eine einheitliche Interpretation für den europäischen Raum zu etablieren, zeigt jedoch auch die verbleibenden Risiken. Unternehmen sollten daher vor Vertragsabschluss eine fundierte steuerliche Prüfung durchführen und Nachfolgeregelungen im Vertrag berücksichtigen.
Entschädigungen bei Vertragsauflösungen sind ein weiteres spannendes Feld. Das Urteil des spanischen Obersten Gerichtshofs vom 27. April 2015 verdeutlicht: Nur Zahlungen, die als Vertragsstrafe vereinbart wurden, sind umsatzsteuerfrei. Zahlungen für bereits erbrachte Leistungen oder nicht ausgeübte Kaufoptionen unterliegen der Besteuerung. Die Praxis zeigt, dass eine fehlerhafte Einstufung erhebliche finanzielle Konsequenzen haben kann.
Die Anwendung der Anti-Missbrauchsregelungen bleibt problematisch. Im Fall vom 12. November 2014 untersuchte der Oberste Gerichtshof eine Krankenhausgesellschaft, die Bauleistungen über eine verbundene Gesellschaft abwickelte, um Vorsteuer geltend zu machen. Die Finanzverwaltung verweigerte dies mit der Begründung von Missbrauch und Simulation. Der Gerichtshof prüfte den Begriff der Scheinhandlung und die wirtschaftliche Substanz, stellte aber fest, dass die Verwaltungsmaßnahmen teilweise überzogen waren. Diese Entscheidungen zeigen, wie wichtig sorgfältige Dokumentation und die Prüfung wirtschaftlicher Substanz sind.
Auch für nicht ansässige Unternehmen ist die Rückforderung der MwSt. komplex. Der EuGH entschied in C‑210/04 (27. März 2006), dass der Begriff der Betriebsstätte im Mehrwertsteuerrecht nicht automatisch dem DBA-Begriff entspricht. Ausschlaggebend sind die wirtschaftliche Autonomie und das Risiko der ausländischen Einheit. Nur wenn relevante wirtschaftliche Tätigkeiten ausgeführt werden, besteht eine Betriebsstätte; andernfalls ist die Rückerstattung der gezahlten MwSt. zwingend, wie auch die Urteile C‑318/11 und C‑319/11 bestätigen.
Ein praktischer Fortschritt ist die Einführung des One Stop Shop (MOSS) seit 2015 für Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronische Dienstleistungen. Unternehmen können ihre Umsatzsteuer zentral in einem Mitgliedstaat erklären, auch wenn sie in mehreren Staaten tätig sind. Gleichzeitig müssen sie jedoch die jeweiligen Vorschriften, Steuersätze und Rechnungsanforderungen der Kundenstaaten beachten. MOSS erleichtert die Verwaltung erheblich, verlangt aber Kenntnisse über die Mehrwertsteuerregelungen aller betroffenen Länder.
Abschließend zeigt die aktuelle Rechtsprechung, dass Unternehmen die wirtschaftliche Substanz jeder Transaktion analysieren und formal korrekt dokumentieren müssen. Sei es bei Immobilienvermietung, grenzüberschreitender Logistik, Unternehmensverkäufen oder Vertragsauflösungen – sorgfältige Planung, rechtliche Prüfung und präzise Dokumentation sind unverzichtbar, um Risiken zu minimieren und steuerliche Vorteile zu realisieren. Nur so lässt sich die Neutralität der Mehrwertsteuer wahren und die steuerliche Belastung optimal steuern.
