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Vernünftige wirtschaftliche Gründe als Voraussetzung für steuerliche Vergünstigungen bei Umstrukturierungen

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Vernünftige wirtschaftliche Gründe als Voraussetzung für steuerliche Vergünstigungen bei Umstrukturierungen

01.2012

In den letzten Jahren nehmen Unternehmen immer wieder Umstrukturierungen bezüglich der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit vor. Zur Erleichterung dieser Umstrukturierungen bietet das spanische Körperschaftsteuergesetz u.a. einige bedeutende Steuervorteile, die in diesen Fällen die Besteuerung von Vermögensübertragungen im Wesentlichen verhindern sollen.

Für die Anwendung dieser Sonderregelungen ist es unabdingbar, dass der Restrukturierung „vernünftige wirtschaftliche Motive“ zugrunde liegen. Da die Steuergesetze für den Tatbestand der „vernünftigen wirtschaftlichen Motive“ keine Legaldefinition vorsehen, ist bei dessen Interpretation auf in diesem Zusammenhang ergangene Entscheidungen der Finanzverwaltung sowie der Rechtsprechung zurückzugreifen.
Die der Restrukturierung zugrundeliegenden Motive müssen wirtschaftlicher und nicht rein steuerlicher Art sein, wenn auch die Restrukturierung letztlich steuerliche Vorteile bringt. Beispielhaft sind folgende Motive zulässig: die Verbesserung der Geschäftsführung durch Stärkung der Finanzstrukturen und Vereinfachung der Verwaltungsstrukturen mit entsprechender Kostenreduzierung; Verbesserung der Marktposition der Unternehmensgruppe durch Auftritt unter einer einzigen Marke; Nutzung des Verlustvortrags einer der Gesellschaften des Konzerns; je nach Einzelfall Zusammenlegung oder Trennung von Eigentum und Nutzung von Vermögenswerten (z.B. Immobilien).

In keinem Falle wird ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund bei solchen Maßnahmen angenommen, die lediglich den Zweck befolgen, das Vermögen eines Unternehmens unter den Gesellschaftern aufzuteilen; auch sonstige Maßnahmen jeder Art, die darauf gerichtet sind, lediglich den Gesellschaftern in der Zukunft Gewinn zu verschaffen, erfüllen den Tatbestand nicht. Insofern sind solche Konsequenzen bereits im Vorfeld der Restrukturierungsmaßnahmen zu berücksichtigen, denn im Nachhinein wird es schwer sein, die „vernünftigen wirtschaftlichen Motive“ zu rechtfertigen, wenn beispielsweise kurz nach den jeweiligen Umstrukturierungsmaßnahmen einer oder mehrere Gesellschafter ihre Anteile verkaufen. Die Restrukturierungsmaßnahmen müssen zielgerichtet für die Stärkung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens eingesetzt werden, um ihm größere wirtschaftliche Stabilität zu verleihen und somit die Gewinnaussichten zu erhöhen. Demzufolge müssen diese Maßnahmen förderlich für die wirtschaftliche Situation des Unternehmens, nicht aber für die der Gesellschafter sein.

Wenn Vermögen durch Unternehmensspaltung getrennt werden soll, ist es unabdingbar, dass die abgespaltenen Einheiten jeweils einen Teilbetrieb verkörpern. Das Körperschaftsteuergesetz definiert diesen als unabhängige wirtschaftliche Einheit, die ohne das restliche Unternehmen bestehen kann. Was Liegenschaften betrifft, so ist die spanische Finanzverwaltung sehr restriktiv und akzeptiert eine entsprechende Abspaltung nur dann, wenn die Liegenschaften unabhängig vom abgespaltenen Unternehmen mit eigenem Personal, Marketingstrategie, etc. separat wirtschaftlich genutzt werden können. Die reine Vermietung von Immobilien rechtfertigt nicht ihre Bewertung als Teilbetrieb. 

Vor dem Hintergrund dieser Einzelfallentscheidungen, die für den Steuerzahler mangelnde Rechtssicherheit bedeuten, empfehlen wir die vorherige Beauftragung eines Wirtschaftsprüfungsberichts, um das Unternehmen und künftige Strategien zu bewerten bzw. die Maßnahmen zu rechtfertigen. Falls die Finanzverwaltung nach Jahren der vorgenommenen Abspaltung das Vorliegen vernünftiger wirtschaftlicher Gründe bzw. die Existenz eines Teilbetriebs plötzlich nicht anerkennen sollte, können solche Prüfberichte den Steuerzahler ggf. in seiner Argumentation gegenüber der Finanzverwaltung (bzw. vor Gericht) unterstützen.

Ein Beispiel für die restriktive Auslegung der Finanzverwaltung findet sich in dem Urteil der Audiencia Nacional vom 16.02.2011 zur ablehnenden Haltung der Finanzverwaltung gegenüber der Anwendung dieser steuervergünstigenden Sondervorschriften; diese hatte nach Ansicht der Audiencia Nacional den Anwendungsbereich der Vorschriften zum Schutz gegen Steuerhinterziehung derart weit und unzulässig ausgedehnt, dass eine rechtmäßige Steuerplanung, die in Anerkennung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit im Rahmen der freien Marktwirtschaft durch Art. 38 der spanischen Verfassung geschützt ist, praktisch ausgehebelt wurde.

++ Artikel veröffentlicht in deutscher Sprache in der Zeitschrift „Economía“ (Ausgabe 2011), herausgegeben von der Deutsch-Spanischen Handelskammer ++

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