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Konflikte in der internationalen Besteuerung von Künstlern, insbesondere Disc Jockeys (DJs)

Wir beraten groβe Unternehmen, eben weil wir es nicht sind

Konflikte in der internationalen Besteuerung von Künstlern, insbesondere Disc Jockeys (DJs)

04.2016

Regelmässig erscheinen die Namen einiger Künstler in den Schlagzeilen der Medien, da die nationalen Finanzverwaltungen Steuern für Auftritte im Ausland von ihnen verlangen. Beispielhaft untersuchen wir nachfolgend einen kürzlich bekannt gewordenen Fall in Spanien.

Die spanische Finanzvwerwaltung prüfte vor einigen Jahren die Steuererklärungen einiger sehr bekannter spanischer Diskotheken, die regelmässig berühmte im Ausland lebende DJ´s engagierten. Die von diesen DJ´s vereinnahmten Gagen können sich pro Nacht auf beträchtliche Summen belaufen. Es stellte sich heraus, dass diese Künstler in der Regel für ihre Auftritte keine Steuern in Spanien zahlten, woraus sich erhebliche Konflikte für alle Beteiligten ergaben, die da sind: die spanische Diskothek (1), die für den Auftritt an eine nicht in Spanien steuerpflichtige Vermittlungsagentur zahlte, (2) die die DJ´s für Auftritte in Spanien sucht und unter Vertrag nimmt und die Zahlung der Gagen an die Künstler übernimmt (3), die in der Regel in Drittstaaten leben; all dies unbeschadet der Tatsache, dass einige Künstler ihre Auftritte über ihre eigenen Firmen organisieren (4), womit ein vierter Beteiligter ins Spiel kommt, der in der Regel nochmals in einem anderen Staat ansässig ist. Wie werden also in diesen Fällen Steuern in Spanien abgeführt?

Zunächst ist hierbei unter Berücksichtigung der speziellen Vorschriften zu Künstlern in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Spanien und den beteiligten Ländern zu prüfen, ob Spanien die Gagen dieser Künstler besteuern darf. Artikel 17 des alten DBA zwischen Spanien und Deutschland legte fest, dass vom Künstler direkt erzielte Einkünfte in Spanien vom spanischen Zahler (in unserem Fall der spanischen Diskothek) versteuert werden müssen. Da es aber in der Regel die ausländischen Agenturen (2) sind, die die Künstler bezahlen (3), war diese Vorschrift nicht anwendbar. Infolgedessen musste auf die Generalklausel des Art. 14 DBA zwischen Spanien und Deutschland zurückgegriffen werden, die eindeutig die Anwendung des Wohnsitzstaatsprinzips bei Festlegung des Besteuerungsrechts über selbstständig erworbene Einkünfte der Künstler in Abwesenheit einer Betriebsstätte (was in diesen Fällen der Normalfall ist) in Spanien festlegt. 

Da diese veralteten Vorschriften aus den 60er Jahren dazu führten, dass die in einem Land durchgeführten musikalischen Aktivitäten nicht in dem entsprechenden Land besteuert wurden, wurde im Jahre 1977 im Rahmen der Vorbereitung und Ausarbeitung der DBA-Musterabkommen der Wortlaut des Artikels 17 des besagten Musterabkommens geändert und ein neuer Absatz 2 eingefügt, der in den Folgejahren nochmals mehrfach geändert wurde.

In dieser neuen Fassung des Musterabkommens wurde dem Tätigkeitsort bei der Festlegung des Besteuerungsortes Vorrang gewährt, auch wenn der Zahler des Einkommens nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist. Es handelt sich hierbei um eine neue Klausel zur Verhinderung des Missbrauchs, welche die Tätigkeit der sog. “slave companies” (Unternehmen, die Musiker und Künstler für Auftritte in anderen Ländern unter Vertrag nehmen) unter der Anwendung der sog. “deeming rule” oder “look through rule” regulieren soll. Hierbei wird eine „tax transparency“ (Hinzurechnung) angestrebt, die die Einkommen der Musiker und Künstler besteuert, auch wenn der Zahler des Einkommens nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist. Unbeschadet dessen beinhalten die alten Abkommen noch immer die alte Fassung des Art. 17, wie z.B. das alte DBA zwischen Spanien und Deutschland und das rechtskräftige mit den Niederlanden.

Ausserdem haben die nationalen Gesetzgeber in den 80er und 90er Jahren verschiedene Maßnahmen für Fälle, in denen noch ein drittes Unternehmen (Vermittler) in einem anderem Land involviert ist (Stichwort: Dreiecksachverhalte), verabschiedet. Ziel all dieser Maßnahmen ist die Besteuerung der Einkünfte im Tätigkeitsstaat. Aus diesem Grund hat auch Spanien seine interne Gesetzgebung im Jahre 1991 geändert. Artikel 13.1.b.3 des Gesetzes zur Besteuerung der Einkommen von Nicht-Residenten (“Impuesto sobre la Renta de No Residentes – IRNR”) regelt nunmehr die Besteuerung durch und in Spanien von Künstlereinkommen unabhängig vom Zahlungsort („Wenn auf spanischem Territorium (Einkünfte) direkt oder indirekt durch persönliche Leistungen von Künstlern und Sportlern oder durch jede andere damit in Zusammenhang stehende Aktivität entstehen, selbst wenn sie von anderen Personen oder Einrichtungen als den Künstlern oder Sportlern selbst vereinnahmt werden.“)

Allerdings handelt es sich hierbei um eine nationale Regelung, die nur in Abwesenheit eines DBA Anwendung findet bzw. wenn zwischen beiden Vorschriften keine Widersprüche bestehen. Anlass der –späten- Regelung dieses Themas waren die Olympischen Spiele des Jahres 1992 in Barcelona, als die spanische Finanzverwaltung zum ersten Mal die Ergreifung von Maßnahmen auf diesem Gebiet für notwendig erachtete. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Thema Lifemusik im internationalen Kontext am Standort Spanien relativ bedeutungslos. 

Nun stellt sich hier die Frage, ob Artikel 17.2. in der neuen Fassung des Musterabkommens (mit der Missbrauchsklausel, der sog. “deeming rule“ bzw. “look through rule”) auf die alten, vorher ohne diese Klausel unterzeichneten DBA (wie z.B. das alte DBA zwischen Spanien und Deutschland und das aktuelle mit den Niederlanden) Anwendung findet. Ein sehr wichtiger Teil der Doktrin und Rechtsprechung spricht sich in aller Deutlichkeit gegen diese Interpretation aus, da eine Anwendung der neuen Fassung der DBA Kommentare auf alte Verträge ohne diese Klausel nur in Ausnahmefällen möglich ist.

Im Übrigen handelt es sich ja hierbei nicht um eine neue und aktuelle Auslegung einer alten Vorschrift, sondern um die Anwendung einer neuen und im aktuellen DBA nicht existierenden Vorschrift. Es besteht demnach hier ein Konflikt zwischen der Notwendigkeit der Verwaltung, eine schnelle Antwort auf Veränderungen zu finden und der Tatsache, dass internationale Abkommen wie DBA nur schwer zu ändern bzw. zu aktualisieren sind und in der Regel 30 oder 40 Jahre ohne Änderungen wirksam bleiben.

Dennoch wurden im Verhältnis zu Deutschland kürzlich Änderungen vorgenommen, denn das neue DBA zwischen Spanien und Deutschland aus dem Jahre 2011 nimmt die aktualisierte Fassung des Musterabkommens auf, so dass der die Künstlertätigkeiten betreffende Artikel 16 nunmehr wirksam ist und Spanien die Gagen unabhängig von dem Wohnsitz des Künstlers und der Einschaltung einer ausländischen Agentur besteuern kann. Kurioserweise gibt es wirksame Abkommen, die die alte und moderne Fassung dieser Vorschrift enthalten, so dass Spanien die Besteuerung je nach Wohnsitzland des Künstlers vornehmen kann oder nicht.

Das neue Abkommen zwischen Spanien und Grossbritannien enthält bereits die moderne Fassung dieser Vorschrift in Artikel 16. Die umfassendste und längste Version dieser Vorschrift befindet sich in Artikel 19 des DBA zwischen Spanien und USA, in der sogar Freibeträge in Spanien definiert sind, wenn die Einkünfte eine bestimmte Summe im Jahr nicht überschreiten oder der Künstler über Agenturen auftritt, an denen er selbst nicht geschäftsführend beteiligt ist.

Wenn einmal feststeht, dass Spanien die Einkünfte besteuern kann, stellt sich die weitere Frage, auf welche Weise die Besteuerung erfolgt. Die spanische Finanzverwaltung forderte ursprünglich, dass die spanische Diskothek Vorauszahlungen auf Einkommensteuer der Künstler in deren Wohnsitzländern in Form einer Quellensteuer („retención“) leisten sollten.

Diese Lösung ist allerdings nicht korrekt, da die Zahlung der spanischen Diskothek an die Finanzverwaltung nicht nur die Gage der Künstler, sondern auch deren Gebühren beinhalten, die gemäss Art. 7 DBA ausschliesslich an deren Geschäftssitz zu versteuern sind, wenn keine Betriebsstätte in Spanien vorhanden ist (Art. 5 DBA); wobei eine solche allerdings bei Grosskonzerten, die von ausländischen Veranstaltern organisiert werden, durchaus im Sinne einer festen Geschäftseinrichtung („fixed place of business“) entstehen kann. Aus diesem Grund ist es richtig, dass sich die Vermittleragentur in Spanien steuerlich anmeldet, und zwar mit dem ausschliesslichen Ziel, die Steuervorauszahlungen auf die Künstlergagen abzuführen, die gemäss DBA in Spanien zu versteuern sind (je nach Land), ohne dass die Gebühren der Vermittleragenturen in Spanien mitversteuert werden.

++ Artikel veröffentlicht in deutscher Sprache in der Zeitschrift „Economía“ (Ausgabe April 2016), herausgegeben von der Deutsch-Spanischen Handelskammer ++

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