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Geplanter Wandel der Körperschaftsteuer in der EU, damit Online-Geschäfte in den Ländern besteuert werden, in denen sie ihre Einnahmen erzielen

Fragen zum Eintritt in den spanischen Markt?

Geplanter Wandel der Körperschaftsteuer in der EU, damit Online-Geschäfte in den Ländern besteuert werden, in denen sie ihre Einnahmen erzielen

10.2017

Vor einigen Wochen wurde in den Medien über eine Versammlung der EU-Repräsentanten berichtet, auf der diese einen Vorschlag der EU-Kommission debattierten, dessen Verabschiedung eine radikale Änderung der Körperschaftsteuer in jedem einzelnen Mitgliedstaat zur Folge hätte. Eine solche Rechtsvorschrift ist allerdings bisher mangels Einigung unter den Mitgliedstaaten nicht verabschiedet worden; aber, wobei handelt es sich hierbei genau?

Und warum gibt es derart viele Beschwerden unterschiedlicher Regierungen und Privatleute darüber, dass die Gewinne aus Onlinegeschäften oft geringer Besteuerung unterliegen, und zwar in Ländern, in denen diese Gewinne nicht einmal generiert werden, wenn dieselben Regierungen letztlich nicht in der Lage sind, Lösungen hierfür zu finden?

Beispielhaft reicht es, an die Besteuerung von einer der Aktivitäten der „Google adwords“ zu denken. Immer, wenn wir einen Suchbegriff bei Google eingeben (z.B. „Anwalt für Steuerrecht in Barcelona“), erscheinen im oberen Teil der Suchergebnisse Firmen, die die gesuchten Dienstleistungen oder Waren anbieten. Wenn ich nunmehr eine dieser als Anzeige aufgeführten Firmen anklicke, stellt Google dieser Firma einen bestimmten Betrag in Rechnung. Diese Firma, in unserem Falle die Anwaltskanzlei, erhält dann eine Rechnung von einem Unternehmen der Google-Gruppe in Irland.

Der entsprechende Gewinn wird somit bei der irischen Firma gebucht und unterliegt dem irischen Steuersatz, d.h. einem der niedrigsten in der gesamten EU. Die Ausgaben hingegen werden in der Kanzlei in Barcelona gebucht. Auf diese Weise sieht die spanische Finanzverwaltung keinen Cent dieses vollständig in Spanien generierten Umsatzes, wohl aber die Ausgabe (der Kanzlei in Barcelona). 

Das Steuerrecht ist seit vielen Jahren so strukturiert, dass Google nur dann Steuern in Spanien zahlen müsste, wenn ihre Umsätze über eine Betriebsstätte in Spanien generiert würden. Bei dieser handelt es sich um ein ausschliesslich steuerliches Konzept, demzufolge Google über eine feste Geschäftseinrichtung („fixed place of business“) in Spanien verfügen müsste. Allerdings definieren die nationalen Vorschriften wie die Doppelbesteuerungsabkommen (in der Regel Art. 5) eine Betriebsstätte auf der Basis der Wirtschaftsabläufe vor über 50 Jahren, als eine Firma mit wirtschaftlicher Aktivität im Ausland  über Fabriken, Lager, Angestellte, Manager, Maschinen, etc. verfügen musste. 

All dies hat sich im Laufe der Zeit verändert, und heutzutage werden die grossen Geschäfte im Dienstleistungsbereich getätigt, bei denen oft kaum noch Tätigkeit als solche erforderlich ist, sondern das Business ausschliesslich über Online-Plattformen abläuft. Infolgedessen versteuern viele Unternehmen ihre Gewinne nicht mehr dort, wo die Umsätze erfolgen. Als ich vor einigen Monaten auf einem Vueling-Flug zwischen Barcelona und Deutschland etwas zu essen kaufte, sah ich, dass die Steuernummer auf dem Ticket eine ausländische war, obwohl der Verkauf in Spanien stattfand, da Vueling ein spanisches Unternehmen mit Sitz in Barcelona ist; d.h. dass ein ausländisches Unternehmen in einem EU-Mitgliedstaat, hier Spanien, Waren verkauft, aber nicht in Spanien, sondern in einem anderen Land seine Steuern abführt. Die spanische Steuernummer war nur erforderlich, damit der Verkauf mit spanischer Mehrwertsteuer erfolgen konnte, was jedoch nicht die Körperschaftsteuer betrifft, die, wie bereits erwähnt, nicht in Spanien anfällt, da keine Betriebsstätte in Spanien vorhanden ist. 

Im Jahre 2011 und neuerdings nochmals mit einer modifizierten Version, schlägt die Europäische Union vor, dass die grossen Unternehmen dort steuerpflichtig sein sollen, wo ihre Umsätze generiert werden. Ein solches System wird „Consolidated Corporate Tax Base (CCTB)“ genannt und würde eine radikale Änderung im Körperschaftsteuersystem aller EU-Mitgliedstaaten mit sich bringen. Erstmalig müsste eine einmalige Steuererklärung über sämtliche Aktivitäten in den einzelnen EU-Ländern gemacht werden, die das gesamte Steueraufkommen sodann nach speziellen Kriterien unter sich aufteilen (in der Regel nach den jeweiligen Vorschriften des Staates, in dem der Gewinn entsteht). Auf diese Weise würde der mit der Kanzlei in Barcelona unseres Beispielfalls generierte Umsatz in Spanien mit dem landesüblichen spanischen Steuersatz und nicht dem irischen besteuert. 

Die Umsetzung solchen Rechts ist jedoch sehr schwierig, da nach EU-Recht sämtliche Vorschriften zur direkten Besteuerung, somit auch zur Körperschaftsteuer, der einstimmigen Beschlussfassung durch alle Mitgliedstaaten bedürfen. Und wenn nur ein einziger Mitgliedstaat durch solch neue Regelungen Nachteile im Verhältnis zum gegenwärtigen nationalen Modell erleidet, wird es zu einer Neuregelung, wie wir sehen, kaum kommen. Unter anderen haben Irland und die Niederlande (ein sehr auf agressive Steuerpolitik spezialisiertes Land) bereits signalisiert, mit einer Änderung des Status quo nicht einverstanden zu sein. 

Es gilt auch zu betonen, dass CCTB wichtige Änderungen im globalen System der nationalen und internationalen Besteuerung erfordert, und es notwendig wäre, dass z.B. die USA und andere Staaten keinen Nutzen aus den Änderungen in der EU ziehen (denn alle Staaten versuchen letztlich, Unternehmen bei sich anzusiedeln, auch wenn dies auf Kosten der Nachbarstaaten geschieht) und diese akzeptieren. Die OECD prüft derzeit diese Thematik, die auf der nächsten G20-Sitzung im Jahr 2018 zu debattieren ist.

++ Artikel veröffentlicht in deutscher Sprache in der Zeitschrift „Economía“ (Ausgabe Oktober 2017), herausgegeben von der Deutsch-Spanischen Handelskammer ++

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