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Verstärkung der Mechanismen zur Verhinderung des Steuerbetrugs im internationalen Kontext
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Neuigkeiten zum aktuellen DBA zwischen Spanien und Deutschland: Verstärkung der Mechanismen zur Verhinderung des Steuerbetrugs im internationalen Kontext
04.2013
Im Jahre 1996 machte Mario Monti, eine Bemerkung in der Pressekonferenz, in der ein neuer Bericht seiner Abteilung vorgestellt wurde, welcher später als „Monti-Report“ bekannt wurde: „The climate is changing“. Es war ein Satz, der klarstellte , dass für den EU Kommissar für Steuerangelegenheiten neue Regelungen für die Steuerangelegenheiten der Mitgliedstaaten geschaffen werden mussten In seinem Bericht wurde eine Reihe von Maßnahmen zur Lösung eines Problems vorgeschlagen, das seit Jahren viele nationale Steuerbehörden in der EU beschäftigte: der Steuerbetrug in der EU.
Ende der 80er Jahre wurde die Freiheit des Kapitalverkehrs innerhalb der EU eingeführt. Die Regierungen mussten nun unter neuen Koordinaten operieren, da Kapital, Unternehmen und Personen frei innerhalb der EU und der Welt verkehren konnten. Unter steuerlichen Gesichtspunkten ließ sich die Situation wie folgt zusammenfassen: Jedes Schiff möge sein Segel halten, was nichts anderes bedeutet als dass jeder Staat tun muss, was er kann, um weiterhin seinen Haushalt zu finanzieren.
Die „tax competition“ wurde als rechtmäßige Option betrachtet, die es erlaubte, spontan (ohne Steuerharmonisierung) das Steuersystem eines jeden Staates im Verhältnis zu anderen anzupassen. Der Begriff Steuerharmonisierung war tabu; es wurde lediglich vom Wettbewerb der Steuersysteme gesprochen. Auf diese Weise standen die Staaten in offenem Wettbewerb zueinander Kapital zu gewinnen. Staaten warben mit bedeutenden Steuervorteilen, wie z. B. der Besteuerung von Zinseinkünften mit einem proportionalen statt progressiven Steuersatz für unbeschränkt Steuerpflichtige und der Abschaffung der Quellensteuer bei dieser Einkunftsart bei beschränkt Steuerpflichtigen (vgl. Art. 14.1.f) des spanischen Einkommensteuergesetzes für beschränkt Steuerpflichtige). Folge: Im Laufe der Jahre wurde in vielen Staaten ein rückgängiges Steueraufkommen festgestellt.
Ende der 90er Jahre war nicht problematisch, dass gewisse Einkunftsarten zu gering besteuert , sondern dass sie überhaupt nicht besteuert wurden, wie folgendes Beispiel zeigt: Für Zinseinkünfte regelt die Systematik der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) in Art. 11 (OECD-Musterabkommen) die Besteuerung der Zinsen im Wohnsitzstaat, und zwar unabhängig davon, dass der Quellenstaat eine Quellensteuer einführen konnte, die im Wohnsitzstaat absetzbar war, um so die Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Im Rahmen des Steuerwettbewerbes verzichteten Quellenstaaten auf eine Besteuerung, womit der Wohnsitzstaat diese Einkunftsart ausschließlich besteuerte. Allerdings deklarierten nur wenige Steuerpflichtige diese Einkunftsart, da sie wussten, dass ihre nationale Steuerbehörde keine Kenntnis von ihren Auslandsinvestitionen hatte. Hieraus folgte eine wirtschaftlich schwerwiegende Steuerhinterziehung, da die entsprechenden Einkünfte weder im Quellenstaat (rechtmäßig) noch im Wohnsitzstaat (unrechtmäßig) versteuert wurden.
Aus diesem Grunde wurde es für die Besteuerung des Wohnsitzstaates unabdingbar, dass ihm der Quellenstaat Informationen übermittelte. Dieser hatte aber kein Interesse an der Übermittlung derartiger Information (sei es aus Nachlässigkeit, sei es aus Gründen des Bankgeheimnisses, das von einigen Staaten als Instrument der Wirtschaftspolitik genutzt wurde). Obwohl gesetzmäßige Instrumente bestanden, die den Erhalt steuerlicher Informationen von anderen Staaten erlaubten (auf Antrag), wurden diese fast nie eingesetzt, und wenn doch, waren sie in der Regel nicht nützlich, da der Informationsfluss zu langsam war.
Bis in die 90er Jahre wurde der Informationsaustausch in den nationalen Steuerbehörden nicht als prioritär betrachtet. Mario Monti hingegen brachte mit seiner zitierten Erklärung eine Veränderung herbei und viele (europäische) Staaten betrachteten die Notwendigkeit einer Veränderung als unumgänglich. Mit dem Steuerwettbewerb konnten die Staaten langfristig nicht gewinnen; vielmehr führte dieser zum „race to the bottom“ mit dem Problem der Steuerhinterziehung.
Im Jahre 2003 wurde eine Richtlinie verabschiedet, die zum ersten Mal einen automatischen Informationsaustausch zwischen den EU-Staaten vorsah, wenn auch in Bezug auf nur eine Einkunftsart: die von beschränkt Steuerpflichtigen erzielten Zinseinkünfte von Bankguthaben. Diese Richtlinie brachte eine radikale Veränderung mit sich: der Informationsaustausch war nicht mehr tabu. Fortan bewegte sich auch die OECD und fertigte eine Schwarze Liste mit Staaten an, die sich an dem Informationsaustausch nicht beteiligten (in der Regel Staaten mit höherer Steuerlast zur Finanzierung des Sozialstaats).
Infolge diverser Verhandlungen haben sich heutzutage fast alle früher als Steuerparadiese eingestuften Staaten zum Informationsaustausch verpflichtet. Seit 2011 existiert sogar ein DBA zwischen Deutschland und Liechtenstein und regelt den Austausch steuerrelevanter Informationen.
In den letzten Jahren verliefen die Veränderungen sogar noch schneller: die USA wird in Kürze mit mehreren europäischen Staaten, darunter auch Spanien und Deutschland, ein Abkommen („FATCA“) unterzeichnen, demgemäß die Banken von sich aus steuerlich relevante Informationen an die ausländischen Behörden senden müssen. Im Februar 2011 wurde eine neue europäische Richtlinie erlassen, derzufolge der gewöhnliche Informationsaustausch nicht mehr auf Antrag, sondern unmittelbar erfolgt. Es werden auch die gleichzeitigen Kontrollen diverser nationaler Steuerbehörden bezüglich eines konkreten Steuerpflichtigen erleichtert, verwaltungsrechtliche Zustellungen ins Ausland werden systematisiert, und es ist sogar möglich, erhaltene Informationen an Drittländer zu geben.
Die Art. 25 und 26 des neuen DBA zwischen Spanien und Deutschland regulieren nicht nur den Informationsaustausch sehr detailliert, sondern auch die Rechtshilfe bezüglich der Eintreibung von Steuern, wenn der Steuerpflichtige in einem anderen Staat lebt. Man kann demnach nicht mehr davon ausgehen, dass „die spanische Steuerbehörde mich schon nicht mehr fassen wird, weil ich in Deutschland lebe“ (und umgekehrt). Die EU ist ein Binnenmarkt, und dies bedeutet, dass nunmehr die unterschiedlichen nationalen Steuerbehörden bei ausländischen Belangen mit derselben Sorgfalt vorgehen wie bei eigenen.
Da es sich um ein neues Verfahren handelt, werden voraussichtlich noch einige Jahre vergehen, bis das Informationsaustauschsystem lückenlos funktioniert. Die Richtlinie aus dem Jahr 2003 brauchte mehr als 5 Jahre, um operativ zu werden.
Zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung hat die spanische Finanzverwaltung zusätzlich eine Erklärungspflicht für Steuerpflichtige geschaffen (Formular 720); alle Steuerpflichtigen in Spanien müssen ihr Vermögen in anderen Ländern erklären. In diesem Falle erhält der spanische Staat nicht Informationen durch Mitteilung ausländischer Finanzbehörden, sondern durch die Steuerpflichtigen selbst. Die Sanktionen bei Unterlassen der Abgabe dieser Erklärung sind außerordentlich hoch; z.B. werden bezüglich der in Spanien nicht deklarierten Vermögenseinkünfte keine Verjährungsvorschriften angewendet.
In Bezug auf die sog. Steueroasen besteht das Misstrauen fort. Die kürzlich mit einigen Steuerparadiesen unterzeichneten DBA enthalten Antimissbrauchsmaßnahmen und können sogar die Anwendung des DBA in gewissen Fällen ausschließen.
Es können sogar die Vorteile des DBA zwischen Spanien und Deutschland von der spanischen oder deutschen Steuerverwaltung außer Kraft gesetzt werden, wenn Missbrauchssituationen festgestellt werden (wie in Art. 28 des Abkommens mit dem eindeutigen Titel „Limitation of Benefits“ geregelt). Die Maßnahmen zur Vermeidung der Steuerumgehung haben nunmehr höhere Bedeutung als vor der Unterzeichnung des neuen DBA.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass die neuen DBA stärker Sorge dafür tragen, den Steuerzahler zu einer angemessenen steuerlichen Planung seiner Investitionen zu verpflichten.
++ Artikel veröffentlicht in deutscher Sprache in der Zeitschrift „Economía“ im Jahr 2013, herausgegeben von der Deutsch-Spanischen Handelskammer ++
